Spracherwerb durch Kommunikation in sozialem Kontext

Abschied nach begonnener Integration

Wie abgelehnte Asylbewerber uns in guter Erinnerung behalten

 

Max-Fabian Wolff-Jürgens und Esnada Semilaj, die nach Albanien zurückkehren muss

Nach Willkommenskultur wird Abschiedskultur immer wichtiger

 

Samstag, 23. Januar 2016. Zum ersten Mal gab es in der Gemeinde Bispingen ein großes Abschiedsfest mit rund 50 Gästen für eine Flüchtlingsfamilie, deren Asylantrag vom Bundesamt für Migration kürzlich abgelehnt worden war. Vor einem guten Jahr kam die Familie Selimaj aus Albanien nach Deutschland - in der Hoffnung auf ein besseres Leben ohne Angst, Schrecken und ohne existentielle Sorgen. Und einer besseren Zukunft mit Aussicht auf Arbeit, Ausbildung und neue Freunde. Die Eltern Angela und Artur und ihre 14jährige Tochter Esnada gehören zu rund 80 Asylsuchenden in der Gemeinde Bispingen und insgesamt zu weit über einer Millionen Männern, Frauen und Kindern in ganz Deutschland, die alleine 2015 aus Ländern zu uns geflohen sind, in denen es Krieg gibt, Menschen gefoltert oder als Angehörige von Minderheiten unterdrückt werden, und in denen es auch wirtschaftlich schwer ist, zu überleben.

Hundertausende von Bürgern in Deutschland haben die Flüchtlinge und Asylsuchenden willkommen geheißen. Egal, ob in den Erstaufnahmelagern, in den Flüchtlingsunterkünften, in großen oder kleinen Städten. So wie zum Beispiel in Bispingen, wo Willkommenskultur für unsere neuen Mitbürger ganz groß geschrieben wird. Die Gemeinde hat in den vergangenen Monaten alles dafür getan, Menschen aus ungefähr elf Ländern hier zu integrieren. Und vor allem die Bürgerinnen und Bürger Bispingens haben sich ehrenamtlich mit großem Engagement um die Geflüchteten gekümmert; unabhängig davon, woher sie kommen, aus welchen Gründen, und ob sie eine Chance haben, in Deutschland zu bleiben.

Verabschiedung der Familie Selimaj mit Freunden und Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Bispingen

In den letzten Wochen sind zahlreiche Asylanträge von Antragstellern aus Bispingen vom Bundesamt für Migration abgelehnt worden. Davon betroffen ist auch die Familie Selimaj aus Behringen, die sich – anders als andere – entschieden hat, nun freiwillig auszureisen.

Im APROTO-Aktionshaus in Hörpel, in dem in den vergangenen Monaten mehrere interkulturelle Treffen stattgefunden haben, wurde die albanische Familie mit einem Fest verabschiedet, das von ihrer Patin Norma Steinberger organisiert worden war: „ Ihr habt viele Freunde gefunden. Wir sind zu Freunden geworden. Ihr gehört jetzt zu uns. Obgleich ihr leider zunächst einmal wieder abreisen müsst.“ Und Hans-Helmut Röhrs von der Behringer Feuerwehr, in deren Gebäude die Familie in den vergangenen Monaten ein neues Zuhause gefunden hatte, sagte: „Es hat uns wirklich Spaß gemacht mit euch. Wir haben euch so lieb gewonnen als würdet ihr zu unserer Feuerwehrfamilie dazugehören.“

Max-Fabian Wolff-Jürgens von APROTO, der sich seit Monaten auch überregional für die Integration von Flüchtlingen engagiert, zeigte sich beeindruckt von der großen Hilfsbereitschaft der Gemeinde, die einmal mehr auch durch die Zahl der Gäste zur Abschiedsfeier deutlich wurde: „Wir hoffen, ihr behaltet uns, Bispingen und Deutschland in guter Erinnerung. So, wie wir euch im Herzen behalten werden. Wir wünschen euch, dass ihr durch neue Freunde gestärkt seid und genügend Kraft habt, die nächsten Monate in eurem Heimatland zu überstehen, und dass ihr vielleicht dann den Sprung wieder nach Deutschland schafft.“

Das jedenfalls ist das große Ziel von Familie Selimaj: Nach einer freiwilligen Ausreise irgendwann wieder legal einzureisen und dafür bereits in Albanien eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu bekommen.

Um den Flüchtlingen, deren Asylanträge abgelehnt werden, die Ausreise zumindest emotional zu erleichtern, wird deshalb neben einer Willkommenskultur zunehmend auch eine Abschiedskultur immer wichtiger“, sagte Max-Fabian Wolff-Jürgens, der Familie Selimaj ein Adressbuch überreichte, in das neu gewonnene Freunde aus der Gemeinde ihre Anschriften und Telefonnummern geschrieben haben: „Lasst uns in Kontakt bleiben!“

Geprägt war die Feier tatsächlich weniger durch Sentimentalität als durch gute Laune bei multikulturellem Essen, Sprachen-Durcheinander und Musik. Und zum Schluss wollten sich alle Freunde zum Abschied mit Angela, Artur und Esnada unter einem Stern fotografieren lassen. „Zwar hängt der hier noch vom interkulturellen Weihnachtsfest“, sagte Max-Fabian Wolff-Jürgens, „aber heute ist er ein Hoffungsstern für eine gute Heimreise und hoffentlich baldige Wiederkehr!“

 

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